Landeswasserverbandstag
Brandenburg e. V.
Antragsentwurf der Fraktion der CDU zum
Zweiten Gesetz zur Entlastung der Kommunen von pflichtigen Aufgaben
Nach diesem
Beschlussantrag wird den Wasser- und Bodenverbänden die Einzelmitgliedschaft
vorgeschrieben. Darüber hinaus wird der Beitragsmaßstab modifiziert. Wir haben
gegen die jetzt vorgeschlagene Gesetzesänderung erhebliche Bedenken
vorzubringen.
Nach
unserer Einschätzung werden die Verbände unter großen Mühen in der Lage sein,
auch die Einzelmitgliedschaft beitragsmäßig zu
erfassen. Dieser Vorgang wird mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand
verbunden sein, der zu massiven Kostensteigerungen im Bereich der
Gewässerunterhaltung ebenso führen wird wie zu nicht genutzten personellen
Kapazitäten bei den Kommunen, die nicht abgebaut werden können. Ob insofern
eine Entlastung für die Kommunen von pflichtigen Aufgaben eintritt, muss sehr
bezweifelt werden.
1. Der bisherige
Flächenmaßstab hat sich im Lande Brandenburg bewährt. Die Erhebung nach dem
Flächenmaßstab funktioniert einwandfrei. Lediglich ein oder zwei
Mitgliedsverbände haben modifizierte Flächenmaßstäbe eingeführt, das
Verwaltungsgericht in Cottbus hat aber gerade diese Modifikationen für äußerst
bedenklich gehalten und teilweise schlichtweg abgelehnt.
Soll
unbedingt eine Differenzierung für die Beitragsflächen vorgenommen werden, muss
diese zwingend dem Bestimmtheitsgrundsatz entsprechen. Wenn, wie von Ihnen
vorgeschlagen, lediglich formuliert wird, dass den unterschiedlichen Vorteilen
aus der Gewässerunterhaltung im Falle versiegelter Flächen sowie bei land- und
forstwirtschaftlich genutzten Flächen Formulierung juristisch schlichtweg an
den Tatsachen vorbei. Viel schlimmer stellt es sich aber dar, dass sie dem
Bestimmtheitsgrundsatz in keiner Weise entspricht. Wenn jedoch schon das Gesetz
dem Bestimmtheitsgrundsatz nicht entspricht, wird es den Verbänden unmöglich
sein, hier „angemessene" Regelungen zu finden. Aufgrund der Erfahrung des
Unterzeichners aus einer Vielzahl von abgabenrechtlichen Prozessen vor allen
drei Verwaltungsgerichten des Landes sowie auch vor dem Oberverwaltungsgericht
für das Land Brandenburg kann nur festgestellt werden, dass diese Regelung zu
solchen Schwierigkeiten führen wird, die eine Beitragserhebung nahezu
ausschließen. Die Verbände werden über Jahre hinaus nicht in die Lage versetzt
werden, Einnahmen zu realisieren. Vor dem Hintergrund des Einsatzes der
Verbände im Bereich der Stärkung des Landschaftswasserhaushaltes, teilweise des
Hochwasserschutzes und des Gewässermanagements ist dieser Zustand mit
Sicherheit keinesfalls hinzunehmen.
Um
es noch einmal zu verdeutlichen: Der Gesetzesvorschlag ist in der vorliegenden
Form absolut verfassungswidrig. Wir haben eine Stellungnahme von
Verfassungsjuristen eingeholt, die zu dem Ergebnis kommen, dass die jetzige
Vorschrift eindeutig verfassungswidrig ist. Zum einen wird die
Verfassungswidrigkeit mit der völligen Unbestimmtheit des Gesetzes begründet,
zum anderen aber ist anzumerken, dass in der Gesetzesvorschrift momentan nur
versiegelte Flächen sowie land- und forstwirtschaftlich genutzte Flächen
genannt werden. Naturschutzflächen kommen ebensowenig
vor wie anderweitig genutzte Flächen. Der schleswigholsteinische
Gesetzgeber hat in § 43 des Landeswassergesetzes Schleswig-Holstein die
einzelnen Abgabentatbestände dezidiert aufgeführt, nachdem er zunächst in einem
umfangreichen wasserwirtschaftlichen Gutachten die einzelnen Tatbestände
ermittelt hat. Würde die schleswig-holsteinische Regelung eins zu eins
umgesetzt, könnte schon jetzt festgestellt werden, dass auch diese rechtswidrig
wäre. Sollte überhaupt ein differenzierter Maßstab aufgrund des
Vorteilsprinzips, das dann den Flächenmaßstab ja wohl offenbar überlagern soll,
eingeführt werden, ist dazu ein umfangreiches wasserwirtschaftliches Gutachten
erforderlich. Im Übrigen haben wir erhebliche Zweifel, ob den Verfassern dieses
Antrages tatsächlich bewusst ist, welche Folgen ausgelöst werden. Die
Eigentümer versiegelter Flächen und auch die Landwirte werden erheblich mehr
Beiträge zahlen müssen als die „vorgeblich" nicht so stark bevorteilten Inhaber von Forstflächen. Da die Leistungen
der Verbände gleich bleiben, wird es lediglich eine Beitragsverschiebung,
allerdings zu Lasten bestimmter bevorteilter
Flächeneigentümer geben.
Wir dürfen
auch darauf hinweisen, dass auch die Erschwererregelung nach wie vor
rechtswidrig, möglicherweise auch verfassungswidrig ist. Eine Arbeitsgruppe des
Wasserverbandstages Bremen/Niedersachsen/Sachsen-Anhalt ist vor mehreren Jahren
ergebnislos auseinandergegangen, da sich die
Erschwernisbeiträge im einzelnen überhaupt nicht
ermitteln ließen. Auch eine von uns eingerichtete Arbeitsgruppe ist vor zwei
Jahren ergebnislos auseinandergegangen. Vor diesem
Hintergrund halten wir die jetzt vorgeschlagene Regelung für absolut nicht
hinnehmbar. Schon jetzt kann ich aus meiner umfangreichen Gerichtserfahrung
ableiten, dass die Gesetzesregelung vom Oberverwaltungsgericht binnen kürzester
Zeit als verfassungs-, jedenfalls aber rechtswidrig angesehen werden wird. Mir
ist nicht klar, wer den daraus entstehenden Schaden massiver Beitragsausfälle
tragen wird. Ich werde allerdings nicht umhin können, im Falle massiver
Beitragsausfälle bei den Aufgabenträgern (Wasser- und Bodenverbände) die
Verantwortlichkeiten für diese Situation klar zu benennen.
2. Die Einführung der sogenannten
„Einzelmitgliedschaft" ist darüber hinaus in der jetzigen Situation völlig
verfehlt. Hätte man eine Einzelmitgliedschaft durchaus bei Gründung der
Verbände einführen können, wird sie jetzt zu massiven Kostensteigerungen führen.
Trotz der vom Städte- und Gemeindebund vorgetragenen angeblichen Belastungen
der Kommunen durch die Gebührenerhebung nach § 7 KAG stellen wir fest, dass die
allermeisten Städte und Gemeinden im Land Brandenburg längst ein ordnungsgemäß
funktionierendes Abgabenerhebungssystem auch zur Umlegung der Beiträge für die
Wasser- und Bodenverbände geschaffen haben. Die allermeisten Verbände berichten
mir, dass die Städte und Gemeinden nicht nur mit der Arbeit der Verbände
zufrieden sind, sondern auch die Abgabenerhebung problemlos durchführen. Denn
die Erhebung der Gebühren für die Leistungen der Wasser- und Bodenverbände
erfolgt zeitgleich mit der Erhebung der Grundsteuer. Die dafür notwendigen
Daten sind bei den Gemeinden ohnehin vorhanden und können entsprechend
angewendet werden. Wenn die Verbände nunmehr zur Veranlagung ihrer neuen
„Einzelmitglieder" ebenfalls die Daten von den Gemeinden erhalten und
entsprechend für sich aufbereiten müssen, haben wir errechnet, dass pro Verband
ein Aufwand zwischen 250.000 und 500.000 Euro erforderlich ist, um die
notwendige Abgabenerhebung durchführen zu können. Dieser einmalige Aufwand wird
dadurch überlagert, dass bei den Verbänden zusätzliche Stellen zur
Abgabenerhebung geschaffen werden müssen. Diese Stellen sind aber bei den
Gemeinden schon vorhanden. Sie werden auch bei den Gemeinden nicht abgebaut, da
die Sachbearbeiter in der Finanzverwaltung (Kämmerei) eben nicht nur die bei
den Kommunen anfallenden Gebühren für die eigenen Aufgaben, sondern auch die
Gebühren nach § 7 KAG mit veranlagen. Fiele diese Aufgabe bei den Kommunen weg,
würden die Sachbearbeiter gleichwohl dort tätig sein. Offenkundig ergibt sich
eine Doppelbelastung für den Bürger. Er hat in der Vergangenheit an der
synergetischen Abgabenveranlagung der Gemeinde teilgenommen. Muss jetzt bei den
Wasser- und Bodenverbänden ein neues Gebührenerhebungssystem bezogen auf die
Einzelmitgliedschaft eingerichtet werden, ist dies mit erheblichen Kosten
verbunden. Diese einmaligen Kosten werden noch überlagert durch weitere Kosten,
die laufend entstehen werden, weil die Verbände zusätzlich die Gebührenerhebung
durchführen müssen. Dabei handelt es sich um Kosten von € 2,50 - € 3,00 pro
Hektar und Jahr. Die Kommunen werden im Übrigen dadurch nicht etwa, wie es
prognostiziert wird, von einer pflichtigen Aufgabe entlastet, ihnen entgehen
vielmehr auch Einnahmen. Dieses werden sie feststellen, wenn die Einnahmen aus
der Gebührenerhebung bei ihnen nicht mehr eingehen. Insoweit mögen sich
allerdings die Vertreter des Städte- und Gemeindebundes mit ihren Mitgliedern
auseinandersetzen. Zusammenfassend stelle ich fest: Die Einführung der
Einzelmitqliedschaft führt zum jetzigen Zeitpunkt in der Situation der
Gemeindemitgliedschaft zu massiven Kostensteiqerunqen, die durch nichts
vertretbar sind.
Abschließend darf ich
meiner Verwunderung dafür Ausdruck geben, dass die Schaffung einer
Gesetzesformulierung damit begründet wird, dass dem Titel des Gesetzes besser
entsprochen und den Forderungen des Städte- und Gemeindebundes nachgekommen
werde.
Mit völliger
Verwunderung muss ich schließlich zur Kenntnis nehmen, dass dem Artikel 9 der
EU-Wasserrahmenrichtlinie durch die Gesetzesformulierung Rechnung getragen
werde. Art. 9 der Wasserrahmenrichtlinie hat mit dieser Gesetzesänderung
genauso wenig zu tun wie die Gesetzesänderung mit Art. 9.
Pencereci
Geschäftsführer